Eine Leih-Enkelin wird älter und reifer…

 

 

 

…und braucht eigentlich keinen Leihopa mehr. Im Grunde bedeutet das eine Trennung, und eine Trennung ist immer schwer. Eine meiner Leih-Enkelinnen – nennen wir sie mal Senta (sie heißt anders) – fühlte sich nun unwohl unter dem „Diktat“, mit ihrem Leihopa zum verabredeten Termin spielen zu müssen. Sie ist gerade neun Jahre alt geworden und mag ungebundener sein, um mit anderen Kindern zu spielen.

 

Soweit die Faktenlage. In diesem Beitrag soll es um die zahlreichen Nebenaspekte gehen, sowohl bei Senta, meiner Leihenkelin als auch bei mir, dem Leihopa.

 

Es ist ein Eckpfeiler meiner Tätigkeit als Leihopa, dass ich sofort aus dem Spiel bin, wenn sich das Kind nicht explizit auf mich freut und mit mir spielen möchte. Senta war ein liebes, warmherziges Mädchen, lebhaft und agil und aufgeschlossen für alles Mögliche. Ich war sehr gerne mit ihr zusammen und habe mich auf die Termine gefreut. Das jedoch hatte auch noch einen triftigen anderen Grund, doch dazu später mehr.

 

Das Hauptproblem bestand nun aber darin, dass Senta mich immer noch genauso mag wie ich sie. Es war einfach neben ihren zahlreichen Terminen außerhalb der Schule ein weiterer Termin, und das war zu viel. Das ist natürlich völlig verständlich. Nur – Senta befürchtete, dass ich traurig wäre, wenn sie mir sagt, dass… und das hat ihr schwer zu schaffen gemacht. Ich selbst habe zunächst nur gemerkt, dass Senta in Bezug auf meine Person sehr bedrückt war. Ihre Mama wollte aber nicht für sie die Kastanien aus dem Feuer holen, sondern hat offenbar vor meinem letzten Besuch mit viel gutem Zureden Senta zu ermutigen versucht, es mir selbst zu sagen.

 

Dann war ich da, und Sentas Mama hat Andeutungen gemacht. Da wusste ich sofort, was Sache war. Und wie habe ich reagiert? War ich traurig oder gar zornig?

 

Natürlich nicht!! Mir war klar, dass eine Heranwachsende auch so etwas üben musste, würde sie doch ähnliche Situationen später in ihrem Leben noch öfter erleben. Aber, verdammt, das war natürlich schwer! Also habe ich ihr eine Brücke gebaut.

 

Zusammen mit ihrer Mama hat sie mir dann das mit den Terminen gesagt, und dass sie mich weiterhin mag und sie solche Angst hatte…

 

Aber ich habe sie noch mehr ermuntert und ihr zu ihrem Mut gratuliert. Natürlich war ich nicht sauer oder traurig oder was auch immer. Ich habe ihr gesagt, dass ich genauso ein Spielkamerad für sie war wie andere Kinder in ihrem Alter auch. Sie selbst ist das Maß aller Dinge. Für mich wäre es einer meiner größten Erfolge meiner Tätigkeit, wenn Senta mit meiner Hilfe ein wenig besser gelernt hätte, mit menschlich schwierigen Situationen umzugehen.

 

So weit, so gut. Aber wie war das nun mit mir? War ich vielleicht doch traurig und habe es lediglich versteckt?

 

Ja, ich war etwas traurig, aber nicht wegen Senta, sondern wegen ihrer Eltern. Senta hat liebe, verständnisvolle und wohlmeinende Eltern, die ich selbst früher nie hatte. Es war nicht nur Vorfreude auf Senta, sondern auch auf die Wärme und Geborgenheit, die Senta aus ihrem Elternhaus auch auf mich ausstrahlte. Den Kontakt zu dieser Familie zu verlieren wäre für mich wirklich ein Verlust gewesen.

 

Aber die Eltern waren nun einmal sehr patent. Senta hat betont, dass sie auch sehr gerne wieder mit mir spielen würde – nur eben nicht zu festgesetzten Zeiten! Und auch ihre Mama hat ihr starkes Interesse bekundet, in Kontakt zu bleiben. Das war herzerwärmend und einfach schön – für einen kleinen Jungen, der blöderweise im Körper eines alten Mannes steckt und der bis heute als Kind auf der Suche nach Zuwendung und Wärme ist.

 

Ich bin danach wieder nach Hause gefahren. Und wie das bei kleinen Kindern so ist – man geht zur Tagesordnung über. Und da mein Inneres nun mal ein kleiner Junge ist, war das auch bei mir so.

 

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Hier könnte diese Geschichte eigentlich zu Ende sein. Ist sie aber nicht. Senta hat eine enge Freundin, die nun zufällig meine zweite Leihenkelin ist. Sie spielt und tobt unverdrossen mit mir und reckt schon ihre Ärmchen, wenn sie mich nur sieht. Das ist rührend! Mit ihr werde ich in den anstehenden Sommerferien mit ausdrücklichem Wohlwollen ihrer Eltern (genauso warm, heimelig und gemütlich wie bei Senta!) etwas unternehmen. Ich habe angeregt, ob sie ihre beste Freundin Senta fragen wollte, ob sie mitkommen möchte.

 

Das wird sie sicher tun, und wenn ich die Fortsetzung kenne, gibt es einen Folgebeitrag.

 

 

 

Fazit bis hier: Als Leihopa haben die Kinder grundsätzlich und ohne jedes wenn und aber ganz oben zu stehen! Sie sind die Bestimmer! Und wenn es schwer wird, hilft man ihnen – ohne Rücksicht auf die eigene Person. Ohne diese Maxime sollte man so etwas wie Leihopa gar nicht erst anfangen! Die Eltern der Kinder wissen das – siehe meinen Beitrag, unter welchen Bedingungen ich zum Leihopa werde.

 


 

© Chris Frey 2014

 

 

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